Autumn Day
Lord: it is time. The summer was immense.
Let thine shadows upon the sundials fall,
and unleash the winds upon the open fields.
Command the last fruits into fullness;
give them just two more ripe, southern days,
urge them into completion and press
the last bit of sweetness into the heavy wine.
He who has no house now, will no longer build.
He who is alone now, will remain alone,
will awake in the night, read, write long letters,
and will wander restlessly along the avenues,
back and forth, as the leaves begin to blow.
Premonition
I am like a flag surrounded by vast, open space.
I sense the coming winds and must live through them,
while all other things among themselves do not yet move:
The doors close quietly, and in the chimneys is silence;
The windows do not yet tremble, and the dust is still heavy and dark.
I already know the storms, and I'm as restless as the sea.
I roll out in waves and fall back upon myself,
and throw myself off into the air and am completely alone
in the immense storm.
Lament
O How everything is so far away
and so long ago departed.
I believe that the star from which
I receive such glittering light
has been dead for thousands of years.
I believe that something
frightening was said
in the boat which just passed by.
In a house, a clock
has marked the hour . . .
In which house? . . .
I would like to leave my heart behind
and step out under the immense sky.
I would like to pray.
That one of all these stars
must certainly still exist.
I think I know
which one
has endured,—
which one, at the end of its heavenly ray,
stands like a city of white light . . .
Entrance
Whovever you are: step out in to the evening
out of your living room, where everything is so known;
your house stands as the last thing before great space:
Whoever you are.
With your eyes, which in their fatigue can just barely
free themselves from the worn-out thresholds,
very slowly, lift a single black tree
and place it against the sky, slender and alone.
With this you have made the world. And it is large
and like a word that is still ripening in silence.
And, just as your will grasps their meaning,
they in turn will let go, delicately, of your eyes . . .
Progress
And once again the depths of my life rush onward,
as if they were moving in wider channels now.
Things are becoming more close to me
and all images more thoroughly looked upon.
I feel more comfortable with that which is nameless,:
With my senses, as with birds, I reach up
into the windy heavens out of the oak,
and in those pools broken off from the day,
my feeling, as if standing on fishes, descends.
The Neighbor
Strange violin, are you following me?
In how many distant cities has your
lonely night already spoken to mine?
Are a hundred playing you? Or just one?
Are there in all the great cities of the world
those, who without you, would have
already lost themselves in the rivers?
And why does it always have to concern me?
Why am I always the neighbor of those
who in fear force you to sing
and to say: The heaviness of life
is heavier than the heaviness of all things.
Evening
Slowly the evening changes into the clothes
held for it by a row of ancient trees;
you look: and two worlds grow separate from you,
one ascending to heaven, another, that falls;
and leave you, belonging not wholly to either one,
not quite as dark as the house that remains silent,
not quite as certainly sworn to eternity
as that which becomes star each night and rises—
and leave you (unsayably to disentangle) your life
with all its immensity and fear and great ripening,
so that, all but bounded, all but understood,
it is by turns stone in you and star.
Pont du Carrousel
The blind man who stands on the bridge,
grey, as if a markstone of nameless realms,
perhaps he is the one thing that remains the same,
around which from afar the star-hour turns,
the heavenly body's quiet center.
For all stumbles and struts and rushes about him.
He is the motionless one, the just one,
placed in a confusion of many ways;
The dark entrance to the underworld
among a race of superficial beings.
Rainer Maria Rilke
Samstag, 6. Oktober 2012
Rilke und die Frauen
Als junger zwangzigjähriger Bursche beschrieb der junge Rilke in seinem schwärmerischen Text: Die einzige Gnade, die er erflehe, sei dass seine Werke "ein zartes Echo in den Herzen hübscher Frauen" finden möchte. Des öfteren beschreibt Rilke, dass die Frauen die vollkommensten Wesen seien über die man schreiben könne. Die unbekannte Frau wird von Rilke angebietet wie eine Göttin, die helfen soll die richtigen Worte zu finden. Eine Muse solle sie sein.
Gleichzeitig ist Rilke vor der Liebe, die er so sehr schätzt und verehrt auf der Flucht. Immerzu sucht er eine neue Muse und idealisiert die Liebe zu etwas, was in seiner Realität keinen Bestand hat. Auf der vergeblichen Suche nach der einen großen Liebe findet er viele kleine. Mit den Frauen lebt er eine Weile zusammen. Er gewinnt die Frauen durch seine Worte. Sie liegen ihm zu Füssen. Er ist ein regelrechter Frauenverführer. Beinahe schon ein Gigolo. Er läuft seinem Traum nach Liebe nach und perfektioniert diese Sehnsucht in seinen Gedanken, ohne jemals langsfristig anzukommen. Seine Frauen leben jedoch nicht von ihm. Sondern es ist genau umgekehrt. Er lebt von ihnen. Rilke nimmt ihr Geld und gibt dafür schöne Worte. Später erfindet er diese Begegnungen in seinen Texten neu. Die längst verblassten oder vergessenen Lieben werden zu einem Ideal stilisiert. Und erst, wenn die Liebe fast vergessen ist, dann gehören sie ihm. Dann erst kann er sie aufrichtig lieben und feiert sie.
Rainer Maria Rilke macht wirklich keine glückliche Figur in Beziehungsthemen. Rilke schaffte es, aus narzisstischer Neigung zum Selbstmitleid so etwas wie unwiderstehliche Anziehungskraft auf das schöne Geschlecht umzukehren. Man kann die Rede von der "gehobenen Eintänzermanier" bemühen, mit der sich der Dichter von vermögenden Frauen aushalten ließ.
Gleichzeitig ist Rilke vor der Liebe, die er so sehr schätzt und verehrt auf der Flucht. Immerzu sucht er eine neue Muse und idealisiert die Liebe zu etwas, was in seiner Realität keinen Bestand hat. Auf der vergeblichen Suche nach der einen großen Liebe findet er viele kleine. Mit den Frauen lebt er eine Weile zusammen. Er gewinnt die Frauen durch seine Worte. Sie liegen ihm zu Füssen. Er ist ein regelrechter Frauenverführer. Beinahe schon ein Gigolo. Er läuft seinem Traum nach Liebe nach und perfektioniert diese Sehnsucht in seinen Gedanken, ohne jemals langsfristig anzukommen. Seine Frauen leben jedoch nicht von ihm. Sondern es ist genau umgekehrt. Er lebt von ihnen. Rilke nimmt ihr Geld und gibt dafür schöne Worte. Später erfindet er diese Begegnungen in seinen Texten neu. Die längst verblassten oder vergessenen Lieben werden zu einem Ideal stilisiert. Und erst, wenn die Liebe fast vergessen ist, dann gehören sie ihm. Dann erst kann er sie aufrichtig lieben und feiert sie.
Rainer Maria Rilke macht wirklich keine glückliche Figur in Beziehungsthemen. Rilke schaffte es, aus narzisstischer Neigung zum Selbstmitleid so etwas wie unwiderstehliche Anziehungskraft auf das schöne Geschlecht umzukehren. Man kann die Rede von der "gehobenen Eintänzermanier" bemühen, mit der sich der Dichter von vermögenden Frauen aushalten ließ.
Freitag, 5. Oktober 2012
Der Panther
Der Panther
Im Jardin des Plantes, Paris
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.
Rainer Maria Rilke, 6.11.1902, Paris
Im Jardin des Plantes, Paris
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.
Rainer Maria Rilke, 6.11.1902, Paris
Rainer Maria Rilke Biografie
Rainer Maria Rilke
Rainer Maria Rilke (* 4. Dezember 1875 in Prag; † 29. Dezember 1926 im Sanatorium Valmont bei Montreux, Schweiz; eigentlich René Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke) war einer der bedeutendsten Lyriker deutscher Sprache. Daneben verfasste er Erzählungen, einen Roman und Aufsätze zu Kunst und Kultur sowie zahlreiche Übersetzungen von Literatur und Lyrik unter anderem aus der französischen Sprache. Sein umfangreicher Briefwechsel bildet einen wichtigen Bestandteil seines literarischen Schaffens.
Im deutschsprachigen Raum und den Nachbarländern sind zahlreiche Straßen nach Rilke (mit oder ohne Vornamen) benannt. Im Prager Stadtzentrum wurden am 7. Dezember 2011 am Gebäude der früheren deutschen Schule eine Gedenktafel und eine Rilke-Büste enthüllt, gestaltet von der tschechischen Bildhauerin Vlasta Prachatická.
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